Die Wurzeln des Internet - wie begann es wirklich?
Tim Berners-Lee gilt als der Vater des Internet, das CERN als seine Wiege. Das Internet im engeren, heute geläufigen Sinne basiert natürlich auf Computern, die in Client-Server Kommunikationsbeziehungen zueinander stehen. Diese Wahrheit wollen wir nicht in Frage stellen. Wenn man jedoch die technische Ausführung bei Seite lässt und rein nach der Funktion der Technik fragt, also der eigentlichen Kulturleistung, so kann man die Wurzeln des Internet nicht mehr in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts verorten.
Es gibt schon seit viel längerer Zeit Kommunikationssysteme, die alle relevanten Fragen der modernen Computerwelt stellten und die entscheidenden Paradigmen festlegten. Wir erinnern insbesondere an die Flügeltelegrafen, die in vielen europäischen Ländern seit dem Ende des 18. Jahrhundert im Einsatz waren und die in Frankreich durch den Techniker Claude Chappe zu einem Netzwerk ausgebaut wurden, das bereits deutliche Analogien zum heutigen Datenverkehr besitzt.
Es besitzt eine Baum-Topologie mit mehreren Subnetzen, es muss also ein Routing stattfinden. Die Daten werden auf optischem Wege, also in öffentlichen Netzen übertragen, so dass sie verschlüsselt übertragen werden müssen, wenn sie nicht allgemein zugänglich sein sollen. Die Knotenpunkte übertragen die Informationen in der Regel ohne Kenntnis von deren Bedeutung zu haben von Sender zu Empfänger, an jedem Knoten besteht die Möglichkeit zu Manipulation, zum Bruch von Schlüsseln, zu Datendiebstahl. Ein Ausläufer des Kommunikationsnetzes erstreckte sich von Frankreich bis nach Mainz, so dass bereits von grenzüberschreitendem Datenaustausch die Rede sein kann, also einem Internet!
In Deutschland kann man im Norden von Köln im Stadtteil Flittard noch einen rekonstruierten Telegrafen nach Optischem Prinzip besichtigen, der zur preußischen Standleitung von Koblenz nach Berlin gehörte. Um die Informationen zeitlich zu normieren hatte man hier sogar eine Systemzeit eingeführt, die täglich durch ein dem heutigen „Ping“ vergleichbares Signal gestellt wurde. Die Übertragung des Zeitzeichens von Berlin bis Koblenz soll unter guten Bedingungen weniger als zwei Minuten gedauert haben.